Projektbeschreibung

Blickfang über dem Rheintal – Die Freilichtbühne Loreley mit neuer Überdachung und neu gestalteten Freiflächen Die spektakuläre Sicht ins Rheintal vom Plateau des steil aufragenden Loreleyfelsen lockt das ganze Jahr über zahlreiche Besucher an. Nur wenige hundert Meter von der Aussichtsplattform entfernt liegt die 1939 erbaute Freilichtbühne Loreley. Wir haben das in die Jahre gekommene, denkmalgeschützte Areal sensibel erneuert und für die Bühne eine neue Zeltdachkonstruktion entwickelt, die heutige Anforderungen an moderne Konzerttechnik erfüllt, den Blick auf den Rhein nicht verstellt und sich behutsam in die Topographie des Geländes einfügt.

Ein Märchen aus alten Zeiten Am Fuße des sagenumwobenen Felsen der Loreley verengt sich der Rhein zu seiner schmalsten und tiefsten Stelle im schiffbaren Abschnitt. Sandbänke, Strudel und starke Strömungen brachten hier viele Schiffe zum Kentern und auch heute noch ist die Durchfahrt je nach Wasserstand recht gefährlich. Verantwortlich für die vielen havarierten Schiffe ist der Legende nach eine Zauberin oder Nixe, die auf dem Felsen sitzend ihre langen, goldenen Haare kämmt und mit ihren Liedern die Schiffer betört. Der Mythos und die einzigartige Landschaft üben nach wie vor eine große Faszination aus. Nicht verwunderlich, dass das Obere Mittelrheintal 2002 in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen wurde.

Baugeschichte Auf einem seitlich zum Hauptsporn des Felsens gelegenen Vorsprung begann im Jahr 1932 der Turner-Arbeitsdienst mit dem Bau einer Theaterspielstätte. Mit Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde das Areal 1933 als NS-Feier- und Thingstätte umgewidmet. Hierfür entwarf der Frankfurter Architekt Hermann Senf (1878-1979) eine repräsentative Bühnenanlage in Form eines Amphitheaters, die 1939 fertiggestellt wurde. Nach Kriegsende ging die Bühne in Eigentum des neu gegründeten Bundeslandes Rheinland-Pfalz über. Bis 1968 wurden in den Sommermonaten weiterhin Theaterklassiker aufgeführt, 1976 übernahm die Stadt St. Goarshausen die Trägerschaft. Inzwischen werden auf dem Loreleyfelsen seit über 40 Jahren Konzerte und Festivals mit nationalen und internationalen Rock- und Popgrößen veranstaltet.

Schrittweise Neugestaltung Da die Zeltdachkonstruktion der Bühne aus den 1970er-Jahren merklich in die Jahre gekommen war und weder den Versammlungsstättenrichtlinien noch aktuellen technischen Anforderungen entsprach, wurde ein VgV-Verfahren zum Umbau und zur Modernisierung des gesamten Geländes ausgelobt, für das wird als Generalplaner den Zuschlag erhielten. Ziel der Neugestaltung war es, die Freilichtbühne technisch und funktional zu ertüchtigen, um zukünftig Veranstaltungen mit bis zu 15.000 Besuchern möglich zu machen. Dabei durften auf Grund des UNESCO-Welterbestatus und des Denkmalschutzes die Eingriffe in die Topographie und die vorhandene Bausubstanz nur minimal ausfallen. Sämtliche Maßnahmen mussten mit dem Landesdenkmalamt abgestimmt und mehr als 30 Träger öffentlicher Belange beteiligt und gehört werden. Gefordert war außerdem, das Projekt bei laufendem Konzertbetrieb umzusetzen, so dass nur außerhalb der Konzertsaison von Oktober bis Ende Mai in mehreren Bauabschnitten gebaut werden konnte.

Die Bühnenkonstruktion Im Mittelpunkt der ersten Umbauphase stand der Neubau der Bühnenüberdachung. Hier kam das profunde Know-how, das die Planer von asp Architekten durch die Realisierung zahlreicher Sport- und Veranstaltungsbauten mitbringen, zum Tragen. Nach Rückbau der maroden und zu kleinen Bestandskonstruktion spannt sich heute das neue Membrandach über die komplette Bühnenfläche, den hinteren Bühnenumgang und teilweise über den Orchestergraben.
Drei Stahlbögen bilden eine elegant-filigrane Konstruktion, ein muschelförmiges Gerüst, über das sich eine helle Membranhaut spannt. Zwei der Bögen kreuzen sich im vorderen Bühnenbereich, ein dritter Bogen spannt die Konstruktion nach hinten ab. So wird die vorgeschriebene maximale Höhe von 15 Metern ab Oberkante Bühnenboden eingehalten. Bemerkenswert ist, dass die neue Überdachung, obwohl – oder gerade weil – sie sich nahezu selbstverständlich in den Verlauf der Topographie einfügt, einen besonders hohen, individuellen Wiedererkennungswert besitzt.

Materialität und weitere Bausteine Unser Ziel war es, das Gelände der Freilichtbühne wieder als zusammenhängenden Bereich erlebbar zu machen und deshalb beschränkten wir uns im Einsatz der verwendeten Materialien auf zwei Werkstoffe, die sowohl farblich als auch in ihrer rauen Haptik der umgebenden Landschaft entsprechen. Bei den baulichen Maßnahmen kam Holz als Konstruktions- und Fassadenmaterial zum Einsatz, sämtliche Eingriffe in die Freibereiche sind aus Cortenstahl, von den Treppenanlagen über die Ebenen für Rollstuhlfahrer bis hin zur Beleuchtung. Lediglich die Bühnenüberdachung bleibt mit ihrer Membrankonstruktion als Sonderbaustein deutlich erkennbar.
Alle Nebengebäude sind in einfacher Bauweise geplant. Entsprechend ist das neue Eingangsgebäude als Holzkonstruktion mit Brettsperrholzwänden auf einer Stahlbetonbodenplatte ausgeführt. Die Fassadenverkleidung besteht aus einer vertikalen Holzlattung mit vorvergrautem Anstrich. Gezielt platzierte Cortenstahlelemente wie beispielsweise die Treppe ins Obergeschoss, nehmen die Materialität der Freiraumgestaltung auf.
Besonders erwähnenswert ist der umfassende und bis ins Detail durchdachte barrierefreie Ausbau des Geländes. Separate Zugänge, Fluchtwege und zwei Plattformen mit optimaler Bühnensicht wurden errichtet, so dass für bis zu 50 Rollstuhlfahrer inklusive Begleitperson ausreichend Platz zur Verfügung steht. Beide Plattformen sind über Rampenanlagen erreichbar und als Stahlbetonkonstruktion mit einer Verkleidung aus Cortenstahlplatten ausgeführt.

Maßvolle Eingriffe, reduzierte Materialität, wirkungsvoller Blickfang Wir haben auf dem Loreleyfelsen den Spagat zwischen einer nahezu selbstverständlichen, sensiblen Ergänzung vorhandener Elemente und einem selbstbewussten Statement geschaffen. Mit respektvollem Abstand und angepasster Farbigkeit sowie Materialität fügen sich Nebengebäude und Freianlagen in den Bestand ein. Und mit ihrem hohen Wiedererkennungswert könnte die neue Bühnenüberdachung zu einem neuen Wahrzeichen des Loreleyfelsens werden.

Tragwerk: MSIng GmbH Matthaei Schotte Ingenieure, Stuttgart/DE
Freianlagen: Pfrommer und Roeder Freie Landschaftsarchitekten BDLA IFLA, Stuttgart/DE
Metallbauer: Schneider Metallbau, Kastellaun/DE